Besser. Der Schmerz ist weg. Sailin drehte sich etwas zu Laree um. Was macht man als Hüterin denn die ganze Zeit? Ich meine, bist du immer dabei, Leute zu heilen? Oder gehört noch mehr dazu?

Laree legte ihre Hände in den Schoß. Es gehört schon mehr dazu, sagte sie. Meine Aufgabe ist es, den Bewohnern dieses Landes Hoffnung zu geben und ein offenes Ohr für sie zu haben. Ich sehe in den Dörfern nach, ob alles in Ordnung ist und kümmere mich um die Belange der Menschen. Wichtige Dinge gebe ich an den Rat weiter und ich habe sogar ein Mitbestimmungsrecht bei wichtigen Angelegenheiten. Eigentlich ist es eine schöne Aufgabe. Der Wächter ist dafür da der Hüterin Schutz zu geben, aber das weißt du ja schon. Und du weißt ja auch das ich zurzeit ohne Wächter bin. Sie senkte den Kopf. Dann aber lächelte sie. Ich mache meine Arbeit gerne. Das Lächeln der Menschen ist mir Lohn genug.

Verstehe, sagte Sailin. Dann lächelte sie Laree an. Es freut mich für dich das es dir Freude bereitet. Es ist immer schön, wenn man etwas tut, was man gerne macht. Es klingt jedenfalls nach viel Arbeit. Dir wird bestimmt nie langweilig. Sie schaute die rothaarige junge Frau an. Ist es denn auch kein Problem, das du keinen Wächter mehr hast?

Laree lachte Bitter. Doch das ist es, meinte sie schließlich. Ein Wächter ist eine ungemein große Hilfe. Er ist da wann immer du Unterstützung benötigst. Er steht dir bei allem zur Seite. Gemeinsam ist die Aufgabe der Hüterin leichter zu tragen.
Sie haben versucht mir einen neuen zur Seite zu Stellen, aber ich weigerte mich. Ich möchte keinen Wächter, den ich nicht kenne. Der einfach nur seine Arbeit tut. Ich möchte jemanden, bei den ich, weiß ich kann ihm vertrauen und ich bin für ihn nicht einfach nur eine Hüterin. Deswegen wollte ich auch damals meinen Wächter selbst bestimmen.

Das verstehe ich, meinte Sailin. Ich würde mich da auch nicht wohlfühlen, wenn ich zu der Person kein richtiges Verhältnis hätte. Man fühlt sich dann einfach wie ein Ding. So denke ich zumindest. Sailin schaute Laree betrübt an. Ist es sehr schwer für dich ohne ihn?

Du meinst ohne Wahn? Die Rothaarige seufzte. Ich würde wohl kaum lügen, wenn ich sagen würde ohne ihn ist alles etwas schwerer. Ich denke mal du vermisst ihn genau so sehr wie ich. Also warum die Frage? Sie fuhr sich kurz durch das Haar. Wir sind schon lange nicht mehr zusammen, falls du das meinst. Wahn hat unsere Beziehung schon vor einigen Jahren beendet. Weil er mich nicht hineinziehen wolte so seine Ausage. Aber mitlerweile weiß ich einfach, dass er längst wusste, dass er bald sterben würde. Mit der Zeit habe ich mich damit abgefunden, auch wo er wieder zurück war. Natürlich habe ich mich sehr gefreut das er noch lebte oder sagen wir lieber wieder lebte. Aber ich wusste auch wie früher würde es nie mehr sein. Auch heute bin ich mir darüber in klaren. Doch das spielt, glaube ich eh keine Rolle mehr. Laree griff nach ihrem Stab und hielt ihn etwas schräg von sich.
Er war ein guter Wächter, auch wenn viele etwas anders behaupten. Der beste, den ich mir hätte wünschen können.

Sailin schaute Laree traurig an. Verzeih, wenn ich einen wunden Punkt getroffen habe. Sie strich sich kurz durch die grünen Haare. Wir sollten zu den anderen zurück, oder? Ich denke mal, sie werden sicher etwas geplant haben.

Du hast recht, sagte die Rothaarige schnell. Ich frage mich nur, was bei den Schatten vorgefallen ist. Ich kenne Nocturn. Ohne triftigen Grund macht er nichts.

Gemeinsam mit Sailin ging Laree wieder zu den anderen in den Hauptsaal des Tempels der Avestia. Laree bestand darauf mit nach Nor Drakor gehen zu können. Sie wollte sich selbst überzeugen, was dort vor sich ging. Flamir stimmte etwas widerwillig zu. Er selbst musste sich um die Mobilisierung er Armee Sanctaris kümmern. Kempten und Caldor würden sicher nicht die letzten Dörfer bleiben. Sengerath und Selina sollten ebenfalls in Sanctaris bleiben. Mit der Hilfe eines Portals gelangten sie an den Wall. Diablo, Helena, Geoffrey. Laree und Salin machten sich samt Pferden auf den Weg nach Nor Drakor. Der Heimat der Schatten. Doch was würde sie dort erwarteten?

Sailin war zwar froh wieder auf Reisen zu sein und nicht mehr in der großen Stadt, doch war ihr unwohl zumute. Sie brachte gerade ihre Freunde in Gefahr. Was, wenn sie nun plötzlich auftauchen würde? Die junge Frau hoffte, dass sie ihre Spur noch nicht gefunden hatte.

Es dauerte mehrere Tage bis die kleine Gruppe die Einöde durchquert hatte und die große Ruinenstadt Nor Drakor vor ihnen aufragte. Bedrohlich ragten die Mauern empor. Sie war bekannt für ihre düstere und alte Bauweise. Jedoch hatte der Zahn der Zeit sein Übriges getan, um die einst gewaltige Stadt in geisterhafte Ruinen zu verwandeln. Lange unter dem Sand verschollen bis sie erneut erweckt wurde. Jedoch Ihre Bewohner, bekannt als die Schatten, waren Krieger, die einem Fluch, ausgelöst durch die Dunkelheit zum Opfer gefallen waren. Er tötete ihre Frauen und verwandelte sie in dämonische Gestalten, mit silbernen Rüstungen welche sie nicht mehr ablegen konnten. Ihr Anführer war ein Krieger namens Nocturn. Einst half er ihnen dabei Wahn zu retten, da er ihm gegenüber in einer Schuld stand. Mehrere Schatten bewachten den Eingang zur Stadt. Laree und die anderen stiegen von den Pferden. Die Hüterin ging gleich zu den Schatten und sprach mit ihnen. Nachdem sie ihn gesagt hatte das sie als Bote kommt und nur mit Nocturn reden möchte, ließen die Schatten Laree und Sailin passieren. Diablo, Geoffrey und Helena mussten vor der Stadt warten. Sailin folgte der Hüterin durch die Ruinen.

Helena und die beiden Männer machten es sich etwas abseits vom Eingang der Stadt bequem. Diese Gegend hier ist etwas beklemmend, meinte Geoffrey und sah sich um. Helena sah den Dragoniker fragend an. Sag mal Geoff. Warum bist du eigentlich alleine unterwegs? Ist Brusko in Porto Drako geblieben? Der blauhaarige Mann sah Helena betrübt an. Brusko ist nicht mehr. Er wurde bei dem Hinterhalt getötet, als er mir das Leben rettete. Das tut mir leid. Helena schaute traurig zu Boden.

Der Geruch von Glut und Asche lag in der Luft. Man hörte das Schlagen von Stahl auf Stahl. Die alten Schmieden in Nor Drakor schienen wieder voll in Betrieb zu sein. Es herrschte ein reges Treiben auf den Straßen der sonst so ruhigen Stadt. War der schlafende Drache erwacht? An einigen Orten konnte man Schatten kämpfen sehen. Sie bereiteten sich anscheinend vor. Laree schluckte. Der Gedanke behagte ihr gar nicht. Zwei Schatten mit gezogener Waffe kamen auf sie zu und führten sie zu einer großen zerfallenen Festung. Vor ein paar großen Flügeltüren blieben sie stehen und bedeuteten den Beiden einfach hineinzugehen.

Die beiden Frauen gingen herein. Sailin schaute sich um. Alles war verfallen so wie die Stadt draußen. Im hinteren Teil des Saals sah sie Nocturn. Er stand etwas schräg vor einem steinernen Gebilde. Es war wie vom Schatten verschluckt und nicht richtig sichtbar. Doch Sailin erkannte, dass es sich um eine Art Thron handeln musste. Auf diesem sah sie schemenhaft jemanden sitzen. Ein stachel behafteter Schwanz peitschte herum. Verwundert sah die junge Frau, dass ein kleiner weißer Drache neben dem Thron lag. Sailin schluckte schwer. Das gefiel ihr gar nicht. Wer war diese fremde Person? Und warum lag ein weißer Drache hier herum? Die beiden Frauen hielten in unmittelbarer Nähe vor Nocturn an.

Ich grüße dich Nocturn, begann Laree nun. Wir sind aus Sanctaris angereist da wir hörten Schatten haben umliegende Dörfer angegriffen. Warum Nocturn? Ich verstehe einfach nicht, was euch dazu veranlasst hat. Hast du deine eigenen Leute nicht mehr unter Kontrolle? Der Schatten verschränkte die Arme vor der Brust. DIe Situation hat sich geändert, sagte er einfach nur.

Sailin sah zu dem Schatten. Was hat sich den verändert? Was ist passiert, dass ihr einfach Unschuldige angreift? In den Dörfern waren keine bewaffneten Leute. Es waren einfache Bewohner Antarres. Warum greift ihr die Wehrlosen an?