Faix, welcher sich versteckt hatte, als die vielen Leute hereingekommen waren, kam nun langsam wieder raus. Als er die Sachen auf dem Stuhl sah, welche Nocturn gebracht hatte, lief der weiße Drache dorthin. Nach mehreren Ansätzen schaffte es Faix auf den Stuhl. Dort rollte er sich auf den Sachen zusammen. Sailin schaute grinsend zu ihm. Dann aber wendete sie ihren Blick wieder zu Wahn. Dabei fiel ihr der blutende Fleck an Wahns Kopf auf. Sie beugte sich etwas vor und schob Wahns Haare etwas zur Seite. Dann sah Sailin die kleine Wunde, welche der Stein verursacht hatte. Als sie sich wieder etwas aufrichtete, grinste sie. Etwas, worum ich mich nicht kümmern muss. Was bei dir eine Seltenheit ist, meinte sie und gab Wahn einen Kuss. Als sich ihre Lippen wieder voneinander entfernten, legte Sailin ihren Kopf auf Wahns Brust. Es war an diesem Tag viel geschehen und dabei war noch nicht mal der Abend angebrochen.

Raven hatte Sulona in der Zwischenzeit auf ihrem Bett abgesetzt. Die junge Frau sah fürchterlich aus. Der Rothaarige kniete sich vor sie und schaute die Frau besorgt an. Diese atmete schwer ein. Jetzt ist er wegen mir verletzt worden und das durch meinen Bruder. Das ist meine Schuld. Hast du das viele Blut gesehen? Hey mach dir keinen Kopf. Ihm gehts sicher gut. Und Fayt wird auch wieder werden. Du solltest dich hinlegen und etwas ausruhen. Morgen sieht alles schon wieder anders aus. Sulona schüttelte den Kopf, als Raven dies sagte. Als sie sich plötzlich ohne Vorwarnung aufrichtete, fiel Raven nach hinten um. Was?, brachte er hervor, als die junge Frau das Zimmer verließ.

Kyle befand sich in dem Zimmer von Fayt. An den Knöcheln und Handgelenken hatte der junge Mann Fesseln, welche durch eine Kette mit dem Bett verbunden waren. Der schwarzhaarige Mann kümmerte sich gerade um die verwundete Hand Fayts. Muss das wirklich sein?, fragte Sulona. Die Halbelfe stand an der Tür und schaute wehleidig zu dem Bett. Kyle seufzte. Vorerst ja. Es dient nur zur Sicherheit. Wir wissen schließlich nicht, wie er drauf ist, wenn er wieder aufwacht. Kyle sah die Frau fragend an. Was machst du hier? Du solltest dich ausruhen. Sulona schüttelte den Kopf. Vergiss es. Ich habe es schon versucht, meine nun Raven hinter ihr.

Als Fayt die Augen öffnete, lag er wieder im Bett. Diesmal konnte er sich allerdings kaum bewegen. Es klirrte, als er das versuchte. Schnell wurde es ihm klar, dass Ketten um seine Hände und Füße lagen. Der junge Mann knurrte. In seinen Kopf herrschte ein durcheinander. Er konnte sich nur an Bruchstücke erinnern. Hatte er einfach angegriffen? Kurz sah er zu der schwarzhaarigen, die neben dem Bett saß. Ja, er hatte sie angegriffen und da war noch jemand. Ein anderer Dämon, den Fayt zuvor nie gesehen hatte. Aber etwas war seltsam. Der Dämon wollte ihn anscheinend nicht angreifen. Der junge Mann stöhnte.

Fayt, sagte Sulona sanft, doch in ihrem Blick lag Traurigkeit. Sie hatte Kyle noch einmal gefragt, ob er die Ketten nicht abmachen könnte, doch der Mann hatte nur den Kopf geschüttelt. Kyle stand an der Wand und schaute nun zu dem jungen Mann, welcher wieder zu sich kam. Du hast da ein ganz schönes Durcheinander angerichtet. Wie gehts dir Junge?, fragte er.

Ich weiß nicht , meinte Fayt und schloss die Augen. Da ist etwas in mir, das ich nicht begreifen kann. Manchmal kommt es einfach raus und ich kann es nicht kontrollieren. Die beiden Leute. Meine Zieheltern. Ich glaube, ich habe sie getötet. Ich wachte auf und da lagen sie. Jemand hatte sie nahezu zerfetzt. Blut klebte an meinen Händen, aber ich konnte mich an nichts erinnern. Deswegen bin ich geflohen. Dann kamen diese Männer mit weißen Kutten und seltsamen Masken. Sie nahmen mich mit. Er schien nachzudenken. Da war ein dunkler Raum. Und ich war angekettet an diesem Halsband. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Außer an Schmerz.

Sulona sah den jungen Mann erschrocken an. Sie konnte sich nicht vorstellen, was man mit ihm alles getan hatte. Wer waren wohl diese Männer? Fayt tat ihr so Leid.
Kyle kam etwas an das Bett und machte die Fesseln an den Händen und Beinen ab. Es muss furchtbar gewesen sein, was dir widerfahren ist. Ich werde mal mit dem Mentor reden. Vielleicht hat er ja eine Ahnung, wer diese Typen waren. Mir sagt das jedenfalls nichts. Sulona pass auf ihn auf. Und du versuchst nicht auszurasten. Der schwarzhaarige Mann verließ das Zimmer.
Sulona stand auf und setzte sich zu Fayt aufs Bett. Wehleidig sah sie ihn an. Es tut mir leid das der Kerl dich einfach angreifen konnte. Wenn ich besser aufgepasst hätte, wäre das nicht passiert.

Das braucht dir nicht leidzutun, meinte Fayt. Er sah betroffen zu Boden. Mir tut es leid. Ich hätte dich beinahe angegriffen, wäre nicht dieser Dämon dazwischen gegangen. Die ganze Zeit war ich so abwesend, aber einfach nur da ich wusste, dass das in mir lauert. Ich wollte niemanden in Gefahr bringen. Das musst du mir glauben. Nun hob der junge Mann seinen Kopf. Wer war dieser Dämon eigentlich? Ich habe ihn noch nie gesehen. Er schien nicht wirklich gekämpft zu haben.

Sulona schüttelte den Kopf. Ich weiß doch, dass du in dem Moment nicht du selbst warst. Der Dämon war Anima. Wahn, der Mann mit den langen schwarzen Haaren, welcher Sailins Wächter ist, hat sich in ihn verwandelt, als der Tumult wegen der Spione ausgebrochen war. Er hat nicht gekämpft, dass auch er wusste, dass du gerade nicht du warst. Er wollte dir nicht wehtun.

Es sind doch immer die unscheinbarsten, die solch mächtiges Blut in sich tragen⁣,/color] sprach Fayt und lehnte sich etwas zurück.
[color=#FF8000]Und nun? Wie wollt ihr weiter machen? Ihr habt keinen Anführer und die Wächter und Hüterinnen machen euch mehr und mehr ärger. Dieses Land fällt dem Chaos anheim. Was wird die schwarze Legion dagegen tun?

Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Doch wir werden nicht aufgeben. Dass wir keinen Anführer haben, ist uninteressant. Die Legion hat auch ohne soetwas immer zusammengehalten. Doch um dich etwas zu beruhigen. Der rechtmäßige Anführer der Legion ist wieder da. Ob er allerdings das Amt wieder besetzt ist so ne andere Sache, sagte Sulona und machte es sich auf der Bettkante etwas bequemer. Nun, da diese Spione hier waren, werden wir uns sicher beraten und überlegen, was wir nun am besten machen können. Wir sind nicht so viele, dass ein Großangriff möglich wäre. Also müssen wir uns etwas anders einfallen lassen, wie wir diese Hüterinnen und Wächter wieder loswerden.

Wahn spürte einen Ruck, als sich Faix auf das Bett geschafft hatte, in welchen er lag. Er grinste etwas und zog ihn ein Stück zu sich. Dann legte er seine linke Hand auf den Rücken des kleinen Drachen. Du bist mir einer, sprach er leise. Zog es dann aber vor nichts mehr zu sagen, da es ihm am Hals schmerzte.

In den nächsten Tagen saßen Nocturn, Wahn und die anderen der Legion öfters zusammen und überlegten, was sie gegen das Übel tun konnten, welches das Land beherrschte. Eins war klar. Noch einmal konnten sie die Hüterinnen nicht einfach locken. Doch etwas musste getan werden, denn es wurde immer schlimmer. Sailin war öfters in der Feste unterwegs und versuchte den Flüchtlingen und Bewohnern dort zu helfen. Damit versuchte sie das alte Bild der Hüterin in die Köpfe der Leute zu bekommen. Außerdem wollte die junge Frau ihnen zeigen, dass sie und Wahn nicht schlecht waren. Das Vertrauen in die Beiden wuchs langsam wieder an. Mehrere Leute entschuldigten sich sogar für den Ausbruch.
Sulona war öfters bei Fayt im Zimmer. Ab und an lief der junge Mann sogar ein wenig in den Gängen herum. Das Dämonenblut in seinen Adern ließ die Wunden sehr gut heilen. Es würde nicht mehr lange dauern und der junge Mann wäre wieder gesund. Als Sailin ihm dies sagte, atmete Sulona erleichtert aus. Die Schwarzhaarige hatte sich schließlich noch bei Wahn bedankt, dafür dass er ihr das Leben gerettet hatte.
Es war bereits kurz vor Mittag, als Sulona in das Zimmer von Wahn kam. Der junge Mann saß auf seinem Bett und hielt still, da Sailin den Verband an seinem Hals erneuerte. Als die Hüterin fertig war, schaute diese Sulona fragend an. Was ist? Die Bogenschützin grinste und reichte Sailin einen Korb. Nun war die junge Frau verwirrt. Wir haben beschlossen, dass ihr beide mal etwas Ruhzeit für euch braucht. Naja eigentlich hat Nocturn das vorgeschlagen. Deswegen nehmt den Korb und geht mal ein bisschen aus der Feste. Hier habt ihr ja gar keine Ruhe. Sulona lief zu Wahn und zog den jungen Mann einfach an den Armen hoch. Dann schubste sie ihn sanft in Richtung Tür. Im Westen der Feste ist ein Wald. Die Lichtung mit dem See ist herrlich. Da solltet ihr wirklich mal vorbeischaun. Wehe, ich sehe euch nachher noch hier. Sulona schaute beide tadelnd an. Sailin musste lächeln und schaute dann zu Wahn.

Es dauerte nicht lange, da hatten Sailin und Wahn die Lichtung erreicht. Von einem Hügel aus konnten man sie gut sehen. Wahn ließ sich auf diesem nieder und sah zum Wasser. Es wirkte beruhigend auf ihn. Die Spiegelbilder der Bäume waren auf der ruhigen Oberfläche zu erkennen. Der Wind wehte, sachte und war wirklich angenehm. Wahn schloss die Augen und genoss einfach den Moment.

Sailin lief zum See herunter und kniete sich hin. Mit einem Finger tippte sie die Wasseroberfläche an. Eine Weile betrachtete sie die entstandenen Wellen. So einen Moment nur für uns zwei hatten wir irgendwie noch nie, oder? Ich meine, die ganze Zeit ist um uns immer etwas passiert. Der leichte Wind umspielte Sailins Haare, wodurch sich die junge Frau eine Strähne aus dem Gesicht streichen musste. Mit einem Lächeln sah sie schließlich zu Wahn auf den Hügel.

Eine rothaarige Frau und ein Junge mit schwarzem Haar standen ziemlich abseits des Sees. Die Rothaarige deutete auf den Mann mit den langen schwarzen Haaren. Siehst du ihn?, sagte Larre nun. Sieh genau hin, Nero. Das ist er. Sie seufzte.
Erbärmlich. Kaum ist deine Mutter fort, hat er sich bereits eine neue geangelt. Er kennt echt keine Skrupel. Zuerst machte er mir schöne Augen. Dann starb ich in einer großen Schlacht, wo er mir nicht einmal zur Hilfe kam und jetzt klebt er am Rockzipfel der nächsten Frau. Wirklich erbärmlich. Nero ballte seine Hände zur Faust und starrte wortlos zu Sailin und Wahn.

Sailin stand auf und lief zu Wahn. Als sie ihn erreicht hatte, kniete sie sich vor ihn hin und beugte sich zu dem schwarzhaarigen Mann. Dann gab sie ihm einfach einen Kuss. Soviel war geschehen. Immer wieder Leid und Kummer. Als sie gestorben waren, hatte Sailin mit all dem abgeschlossen. Doch nun waren sie beide wieder da. Die junge Frau war einfach froh, dass Wahn auch diesmal an ihrer Seite war. Diesen Moment nur für sie alleine würde sie einfach nur genießen.