Sailin sah dem Jungen hinterher. Während sie dann ebenfalls aufstand, wischte sich die Hüterin die Tränen aus den Augen. Langsam lief sie zum Bett zurück und setzte sich hinein. Im Schneidersitz sitzend lehnte sie an der Wand und hatte eine Decke auf ihre Beine gelegt. In ihren Händen hielt sie das Relikt. Sailin schaute zu Ray, welcher die ganze Zeit an der Zimmerwand gelehnt dagestanden hatte. Würdest du zu Nocturn gehen und ihm sagen, dass Nero wach ist, aber noch etwas Ruhe braucht? Kurz schaute sie zu diesem und dann wieder zu Ray. Keine Sorge. Du kannst mich ruhig mit ihm alleine lassen. Mit einem Blick auf den Reif fügte sie hinzu: Wir müssen zusehen, dass wir Wahn da irgendwie wieder herausbekommen.

Währenddessen stand Kyle außerhalb des Zimmers und lehnte an der Wand. Der Mann hatte seine Arme verschränkt und schaute aus dem gegenüberliegenden Fenster. Was Sailin da gerade erzählt hatte, ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Laree stieß einen Mann einfach zur Seite. Als er zu Boden fiel, holte ihr Wächter mit dem Speer aus und stach zu, so wie sie es wollte. Die verdorbene Hüterin stieg über den Toten hinweg. Eine Vielzahl von Menschen wurden in der Mitte der Stadt zusammengetrommelt. Mehrere Scheiterhaufen errichtet. Einige Männer der anderen Hüterin, die über die Stadt herrschte, lies ein paar Männer und Frauen zu den Scheiterhaufen bringen. Wenig später wurden sie entzündet. Das passiert mit Ketzern und Rebellen, die sich der Inquisition widersetzen. Seht gut hin, lachte Laree. Ein paar Männer mit Waffen kamen an. Sie waren wütend und zu allen entschlossen. Laree schmunzelte nur. Dann sah sie zu ihrem Wächter. Töte sie. Der Mann mit der schwarzen Maske lief auf die wütenden Menschen zu. Seinen Speer hielt er bereit. Dann schleuderte er ihnen seine Magie entgegen. Feuer breitete sich aus. Und die Schreie der Menschen hallten durch die Nacht.

Es vergingen mehrere Tage, indem Sailin und Nero sich erholten. Während die junge Frau etwas auf Faix achtete, lag der Junge die ganze Zeit nur da und schwieg vor sich hin. Die Hüterin wurde von den anderen immer wieder darüber informiert, dass ein Bote kam und ihnen davon berichtete, dass Laree mit ihrem Wächter umherzog und in den Städten für Ordnung sorgte. Was sie allerdings für Ordnung hielt, war reinste Folter und Abschlachtung. Sailin konnte es nicht glauben, was sie da hörte. Es brach ihr das Herz zu wissen, dass Wahn für solche Gräueltaten benutzt wurde. Einmal drehte sie sich zu Nero um und meinte: Und als was bezeichnest du das jetzt? Ist das für dich noch Gerechtigkeit?
Einen Tag später befand sich Sailin bei Nocturn. Alle anderen waren auch bei dem ehemaligen Schatten. Vor dem Zimmer Neros stand eine Wache.
Sie überlegten gerade, was man am besten machen könnte, um die verdorbene Hüterin aufzuhalten. Plötzlich ging die Tür auf und ein weiterer Bote kam zur Tür hinein. Sir. Wir haben erfahren, dass die Hüterin mit ihrem Wächter auf dem Weg nach Terran ist. Dort gab es wohl ein kleines Problem und nun will sie dort nachschauen. Was!, rief Raven gleich auf. Der Mann auf aufgesprungen und wurde etwas bleich. Wenn die das Gleiche macht, wie in den anderen Städten, dann ist Terran verloren. Als Sailin verwirrt zu dem Rothaarigen schaute, sah Kyle zu ihr. Terran ist unsere Heimatstadt. Wir können nicht zulassen, dass sie weiter so macht, meinte Raven und ballte seine Hände zur Faust. Nocturn. Das wäre vielleicht die Gelegenheit. Im Gegensatz zu den anderen Städten wissen wir nun, wohin Laree auf dem Weg ist. Wir müssen sie aufhalten. Bevor es noch mehr Opfer gibt., sagte Sailin an den Krieger gewandt.

Nocturn nickte. Ich weiß zwar nicht, was genau wir tun können und ich fürchte Laree wird uns Wahn auf den Hals hetzen. Aber was haben wir für eine Wahl. Er schüttelte den Kopf. Nun ja wir müssen es versuchen. Bereitet alles vor, wir brechen nach Terran auf. Ray griff zu seinen Messern. Ich bin bereit sagte er. Plötzlich stand noch jemand im Raum. Es war der Junge mit der Halbmaske. Ich würde auch gerne mitgehen. Ich will mich selbst davon überzeugen, was Laree mit ihm macht.

Sailin sah zu dem Jungen. Sie verstand ihn irgendwie. Die Hüterin nickte ihm schließlich zu. Bist du sicher, Sailin, fragte Sulona. Sicher. Laree wird eh nicht begeistert sein, uns zu sehen. Es wird sie noch mehr ärgern, wenn sie sieht, dass Nero noch lebt. Und er kann sich selbst davon überzeugen, was passiert.
Sofort machten sich alle bereit und brachen auf. Mehrere Krieger der Legion begleiteten sie. Jeder wusste, dass es nicht einfach werden dürfte, gegen Wahn anzutreten. Es dauerte zwei Tage, dann erreichten sie Terran. Schon von weitem konnte man einige Rauchwolken über der Stadt sehen. Verflucht, knurrte Raven als er das sah. Keine Sorge. Wir werden nicht zulassen, dass noch mehr brennt, sagte Sulona zu ihm. Sofort ritten sie weiter. Als sie die Stadt erreichten, stiegen alle ab und liefen die Straßen entlang. Sulona hielt ihren Bogen fest in der Hand, während Raven sein Schwert gezogen hatte. Ray schaute sich um und hielt beide Dolche fest. Immer wieder hörten sie Kampfeslaute. Überall am Boden lagen schon Tote herum. Die Schreie der Menschen waren in den Straßen zu hören. Sei auf alles gefasst, sagte Sailin nur kurz zu Nero, als sie den großen Platz der Stadt erreichten. Kaum breitete dieser sich vor der Gruppe aus, sahen sie auch schon Laree. Die Hüterin stand da und lachte. Mehrere Scheiterhaufen waren errichtet worden. Die Männer der Inquisition banden gerade Frauen daran. Sailin schluckte schwer, als sie Wahn sah. Der Mann hielt eine Lanze in der Hand und stach gerade einen Stadtbewohner nieder. Um ihn herum lagen schon einige Tote. Manche von ihnen wiesen Brandspuren auf. Wie schrecklich, sagte Sulona. Sailin ballte ihre Hände zur Faust und funkelte Laree wütend an.

Sieh an wer da ist, sprach Laree als sie Sailin, die anderen bemerkte. Wächter zu mir!, befahl sie daraufhin. Der Mann mit der Maske gehorchte und stellte sich neben Laree. Seid ihr gekommen, um ihn zurückzuholen. Sie strich Wahn über den Oberkörper. Das kann ich sogar nachvollziehen, er ist ein bemerkenswerter Mann. Laree lehnte sich etwas an ihn und hob ein Bein. Sie küsste kurz die Maske. All das nur, um Sailin zu provozieren. Vielleicht irre ich mich auch und ihr wolltet einfach nur diese Stadt retten. Vielleicht hast du dich ja schon damit abgefunden, ihn verloren zu haben. Nun entdeckte sie auch Nero der sich weiter hinten befand. Und der Bengel lebt ja auch noch. Respekt fast genauso zäh wie der Vater.

Die Provokation von Laree funktionierte wunderbar. Sailin platzte beinahe vor Wut. Aus dem Handgelenk heraus schleuderte die junge Frau Laree eine Eiskugel entgegen. Wahn blockierte diese mit einem Gegenzauber. Doch Sailin wusste schon, dass das geschehen würde. Wir sind wegen beiden hier, du Miststück. Denkst du wirklich, ich werde zulassen, dass er weiterhin unter deiner Fuchtel steht? Lass ihn gefälligst in Ruhe und hör auf ihn anzutatschen. Sailin tat es im Herzen weh, Laree so nahe an dem Schwarzhaarigen zu sehen. Raven funkelte Laree an. Du wirst dafür bezahlen, was du mit dieser Stadt und den Leuten gemacht hast.

Wieder einmal lachte Laree nur. Mein liebster Wächter, hauchte sie dem Mann neben sich in das Ohr. Wärst du so freundlich, sie für mich zu töten?. Der Mann mit der Maske kam auf die anderen zu. Seinen Speer hielt er seitlich von sich. Dann stürmte er auf die anderen zu. Nocturn blockierte seinen Hieb und Ray verpasste ihn kurz darauf einen Schlag mit den Messern in seine Hüfte. Wahn ignorierte diesen einfach und fegte Nocturn und Ray zusammen einfach mit seinem Speer und einem Rundumschlag von sich. Der ehemalige Schatten kam gleich wieder auf die Beine. Ray fluchte. Kurz darauf wurde er von einer Druckwelle erfasst und mitgerissen. Wahn senkte seine Hand. Nocturn griff erneut an und nun war es Wahn, der den Angriff blockierte.

Während Raven mit seinem erhobenen Schwert auf Wahn zustürmte, hob Kyle seine beiden Arme an. In seinen Händen bildeten sich Feuerkugeln. Diese schoss der schwarzhaarige Mann auf den Wächter.
Sailin lief an ihnen vorbei und feuerte mehrere Magiekugeln aus Eis in Larees Richtung. Die junge Frau funkelte ihre ehemalige Freundin wütend an. Ich werde nicht zulassen, dass du Wahn weiterhin für solche Gräueltaten benutzt. Er ist doch nicht dein Eigentum. Ich werde ihn dir wieder entreißen und wenn es das letzte ist, was ich tue. Sulona stand etwas weiter hinten mit erhobenen Bogen und visierte ebenso die verdorbene Hüterin an. Neben ihr stand Nero.
Aus den Straßen der Stadt kamen nun mehrere Wachen der Inquisition gestürmt. Die Krieger der Legion nahmen es sofort mit ihnen auf. Ein wilder Kampf zwischen ihnen entbrannte.

Wenn es das letzte ist, was du tust?, höhnte Laree. Oh wie melodramatisch. Aber dann hast du ja gar nichts mehr von ihm. Wäre doch zu schade. Sie griff an den Kristall an ihren Stab und machte eine Bewegung mit der Hand von dort aus. Nun formten sich Blitze. Diese schleuderte sie in Sailins Richtung. Wahn hatte Nocturn an die Wand gedrängt und schlug ihm das Großschwert einfach aus der Hand. Der ehemalige Schatten musste ausweichen. Kurz darauf raste eine Feuerkugel an der Stelle in die Wand, wo sich zuvor sein Kopf befand.

Sailin errichtet in Schild und stoppte so die Blitze kurz bevor diese sie treffen konnten. Dann nahm die junge Frau ihre Arme wieder runter und hielt sie seitlich. Die Handflächen zeigten nach oben. In diesen funkelte ein bläuliches Licht auf. Sailin starrte Laree einfach nur an. Das interessiert dich doch eh nicht. Also tu nicht so. Eine Windströmung begann sich um Laree zu bilden. Mehrere kleine Eiskristalle umflogen die verdorbene Hüterin. In Sailins Händen entstanden zwei runde, energiegeladene Kugeln. Diese feuerte Sailin in Larees Richtung.
Kyle fluchte kurz innerlich, als seine Magie Wahn verfehlte. Der junge Mann war gut. Zu gut. Raven hatte Wahn fast erreicht. Mit einem kräftigen Schwung ließ er sein Schwer auf den Wächter zufliegen.

Wahn reagierte schnell. Er bewegte schwungvoll seinen linken Arm, als er Raven Schwert auf sich zukommen sah. Mit einer blockierenden Magie schleuderte er es einfach weg. Kurz danach packte er Raven und stieß ihn von sich. Mit einer weiteren Bewegung begann Feuer rund um den Mann aufzusteigen. Die Augen des Wächters flammten auf. Auch seine Krallen traten nun hervor. Ray war herangekommen und wollte den Wächter hinterrücks attackieren. Dieser fuhr so ruckartig herum, dass der junge Mann nicht mehr reagieren konnte. Die Krallen des Wächters streiften seine Schulter und mit der künstlichen Hand verpasste er ihn noch einen Hieb, dass Ray haltlos nach hinten fiel. Als er weitere Magie auf sich zukommen sah, schleuderte Wahn sie einfach auf den Wirker Kyle zurück. Laree hatte ebenfalls ein Schild um sich errichtet. Wächter! Kümmere dich um dieses lästige Miststück. Wahn drehte sich um und sah zu Sailin. Dann hob er eine Hand. Feuer raste auf die junge Frau zu und Laree lachte.

Als seine eigenen Feuerkugeln wieder auf ihn zurückgeflogen kamen, konnte Kyle nur ausweichen, indem er sich bückte. Das war knapp, murrte er und richtete sich wieder auf. Raven wischte sich über den Mund und stand wieder auf. Wie soll man das denn hinbekommen? Der schafft es, sich gegen vier Leute, ohne Probleme zu wehren.
Sailin konnte gerade noch so reagieren und errichtete ihr Schild. Wahns Zauber war stark, doch das Schild hielt gerade so. Die junge Hüterin wusste genau, dass es nun ziemlich eng für sie werden könnte. Gegen Wahn würde sie nicht kämpfen können. Als sie eine Bewegung in ihrer Nähe sah, drehte sich Sailin um. Gerade rechtzeitig konnte, die junge Frau durch eine Drehung, noch der ankommenden Lanze ausweichen. Wahn tat genau das, was Laree von ihm verlangte. Sailin blieb nichts anders übrig, als immer wieder der Waffe auszuweichen. Nicht immer klappte dies und so hatte die junge Frau nach kurzer Zeit schon einige Schnittwunden an den Armen. Plötzlich kam ein Pfeil auf Wahn zugeflogen. Der Wächter ließ eine Flammenwand erscheinen, welche den Pfeil einfach verschluckte. Noch während die Feuerwand hochschoss, kamen mehrere dunkle Energiekugeln in Sailins Richtung geflogen. Die Hüterin war zu überrascht und fiel getroffen zu Boden. Sailin!, rief Sulona und feuerte noch einen Pfeil in Wahns Richtung.
Während der Wächter auch diesen abfing, richtete sich Sailin wieder auf. Wütend funkelte sie Laree an und schleuderte ihr nochmal eine Energiekugel entgegen. Denkst du nur, weil du ihn auf mich hetzt, dass ich von dir ablasse?

Ich glaube, du hast Wichtigeres zu tun, als dich um mich zu kümmern, sprach Laree mit einem Lächeln auf den Lippen. In diesen Moment rammte Wahn seinen Speer in den Boden, wo vor kurzen noch Sailin stand, die es aber schaffte auszuweichen. Am Leben zu bleiben zum Beisspiel, beendete Laree gelassen. Wahn griff weiterhin die junge Frau an.
Nero blickte sich um. Dann packte er sich einfach einen Bogen, der dort herumlag und legte einen Pfeil ein.
Der Junge spannte den Bogen und zielte auf Wahn. Dann ließ er los. Wahn brüllte auf, als er plötzlich einen Pfeil im Rücken stecken hatte. Es folgte noch ein weiterer, der sich in die Nähe des ersten bohrte, jedoch in Höhe von Wahns Flügeln, welche er zurzeit nicht draußen hatte. Der Wächter ließ von Sailin ab und fuhr herum. Nero wich zurück, als Wahn auf ihn zukam. Der Junge lockte den Mann mit der Maske etwas heran. Was tust du da Junge?, knurrte Nocturn. Bist du wahnsinnig? Laree schüttelte den Kopf. So ein Narr. Er will wohl auch unbedingt sterben. Nochmals schoss Nero einen Pfeil ab und dieses Mal traf er Wahn an der Schulter an einer Stelle, die der Kragen nicht verdeckte. Dieser stieß ein unmenschliches Gebrüll hervor und stürmte auf Nero zu. Bevor er ihn erreichte, sprang der Junge einfach über eine Mauer und rannte in die entgegengesetzte Richtung. Wahn drehte sich herum und legte seine Arme über Kreuz. Seine Umgebung schien förmlich zu verzerren, als würde sie in eine andere Ebene gezerrt werden. Er zielte auf den Jungen und die roten Augen waren geschlossen.

Sulona wusste nicht, was da plötzlich geschah. Wahn stand einfach nur da und hatte die Arme über Kreuz gelegt. Was tat er da? Oh nein, murmelte Sailin leise. Die junge Frau stand etwas Abseits. Sie wusste ganz genau, was der Wächter nun tat. Sofort schaute sich Sailin um. Wenn sie nichts machen würde, dann passierte gleich etwas Schlimmes. Plötzlich fiel der jungen Frau auf, wie Nero rannte.
Kyle verstand nichts mehr. Der Mann zog die Luft ein, als sich Sailin anscheinend an Laree ran schlich. Die verdorbene Hüterin schaute amüsiert zu, wie Nero vor Wahn versuchte zu flüchten und bemerkte Sailin dadurch nicht. Dann stand die Grünhaarige hinter der Hüterin. Genau in dem Moment war Nero in der Nähe.
Das passiert, wenn man sich mit uns anlegt, sagte Sailin noch, dann stieß sie Laree einfach nach vorne, zwischen Wahn und Nero. Die verdorbene Hüterin fauchte wütend auf und wollte sich gerade umdrehen, da krümmte sie sich kurz etwas. Eine Wunde tat sich urplötzlich an ihrer linken Brust auf. Etwas hatte Laree gerade in der Höhe ihres Herzens durchbohrt.