Wahn legte Sailin seine Linke Hand auf die Wange und erwiderte den Kuss. Plötzlich stand jemand hinter ihnen, sodass er auffuhr und sich schützend vor Sailin stellte. Du hast sie nie geliebt, rief der Junge vor ihnen auf. Er hatte schwarzes mittellanges Haar und trug eine silberne verzierte und halbseitige Maske. Über schwarzer Kleidung lag ein purpurner Umhang. Wahn wirkte nun völlig irritiert. Wovon redest du Junge? fragte er nach. Lara, gab der Junge von sich. Lara Raynold. Du hast sie nur betrogen. Du hast sie ausgenutzt, du Dreckskerl. Und du hast sie getötet. Wahn wirkte erst völlig schockiert, fing sich dann aber wieder und machte eine ärgerliche Bewegung mit dem Arm.
Jetzt mach aber mal halblang. Natürlich habe ich sie geliebt. Aber das ist lange her. Ich habe sie nicht getötet. Lügen alles Lügen, schüttelte der Junge den Kopf. Plötzlich war Wahn alarmiert, als er eine rothaarige Frau auftauchen sah. Sailin Achtung, rief er auf. Doch es ging zu schnell. Jemand war hinter ihnen aufgetaucht und hatte die Junge-Frau ergriffen. Schafft sie aus dem Weg, befahl Laree kalt. Aber tötet sie nicht. Ehe Wahn etwas tun konnte, warf der Mann Sailin einfach den Hügel herunter in den See. Wahn wollte umdrehen, spürte aber plötzlich einen heftigen Stromschlag im Körper, so dass er aufknurrte. Kurz darauf folgte ein weiterer. Was soll der Dreck, brachte Wahn hervor und seine Augen glühten auf, als ein weiterer Mann Larees ihn mit einer leichten Magie traktierte. Die Augen des Langhaarigen flammten rot auf. Seine Fänge traten hervor. Wahn stieß ein Gebrüll aus. Auch seine Krallen waren nun hervorgetreten. Er griff den ersten Mann an und schlitzte ihm mit den schwarzen Krallen die Kehle auf. Die anderen entfernten sich von ihm. Jetzt wich der Junge Kopfschütteln zurück. Du hattest recht, Laree. Er ist ein Monster. Die Frau lachte auf. Oh Wahn. Zeigst du uns nun dein wahres Gesicht. Eine seltsame Magie schoss auf den jungen Mann zu und Wahn wirkte mit seiner dagegen. Als sich der schwarze Nebel vor ihm auflöste, stand Laree direkt vor ihm und packte ihm am Hals. Ihre Fingernägel drückten hinein. Der junge Mann schluckte, doch es tat nur noch mehr weh. Hör mir zu, sprach Laree. Du hast schon mehrfach versagt bei den Menschen, die dir etwas bedeutet haben. Du konntest Lara nicht beschützen und mich ebenfalls nicht. Willst du nun das Leben einer weiteren Person aufs Spiel setzen? Dieser Junge, kennst du ihn? Wahn versuchte den Kopf zu schütteln. Dann sah er zu dem Jungen. Dieser stand weiter weg, so dass er die Worte Larees und seine nicht hören würde. Laree beantwortete die Frage selbst. Nein, natürlich nicht. Aber er hat mehr von dir, als dir lieb ist. Sieh ihn dir an. Ist die Ähnlichkeit nicht verblüffend. Wahn verstand nicht so recht, worauf sie hinaus wollte.
Laree schüttele enttäuscht den Kopf. Das hätte ich mir denken können. Du wusstest ja nicht einmal, dass sie Schwanger war. Nun riss Wahn die Augen auf. Konnte das sein? Ah, wie ich sehe, begreift du langsam. Dies ist Lara Reynolds Sohn. Dein Sohn. Das Kind, für das du nie da warst. Und so kommen wir zu meiner Forderung. Der Junge frisst mir aus der Hand. Ich könnte versuchen ihn umzubringen und er würde es erst zu spät erkennen. Sie drückte noch etwas fester in Wahns Hals. So dass dieser sogar nach Luft ringen musste.
Du hast zwei Möglichkeiten. Widersetze dich mir und der Junge wird sterben, oder werde der Wächter an meiner Seite, gib dich mir hin und rette deinen Sohn das Leben, um welches du dich nie gekümmert hast. Die Wahl liegt bei dir. Ich gebe dir drei Tage. Höre ich bis zum Abend nichts von dir hier an diesen Ort ist der junge Tot und du kannst seine Leiche aus dem See dort fischen. Sie ließ Wahn los und er hustete gequält. Fassungslos blickte er Laree nach als diese zurück zu den Jungen lief. Wir gehen. Du hast gesehen, was du wolltest. Nero nickte betroffen und sah nochmals mit einem missbilligenden Blick zu Wahn. Dieser ging in die Knie und hielt sich den Hals.

Als Sailin in das kalte Wasser des Sees eintauchte, verkrampfte sich ihr ganzer Körper schlagartig. Ihre Sachen zogen das Wasser förmlich auf und zerrten die junge Frau noch weiter in die Tiefe. Sie war doch nur am Ufer hineingefallen. Wie konnte es da schon so tief sein? Mit aller Kraft schaffte es die junge Frau wieder an die Oberfläche zu kommen. Nach Luft schnappend sah sie wie Laree Wahn am Hals gepackt hatte und ihm irgendetwas sagte. Sailin schaffte es mit einiger Kraftanstrengung an das Ufer in ihrer Nähe. Als sie den Hügel nochmal hochsah, lief die verdorbene Hüterin wieder davon. Ihre Männer und der Junge folgten ihr. Sailin lag am Boden und keuchte nach Luft. Nach wenigen Sekunden stützte sie sich mit den Armen ab und stand etwas taumelnd auf. Kaum hatte sich die junge Frau gefangen, lief diese zu Wahn, welcher dahockte und sich den Hals hielt. Wahn, keuchte Sailin und fiel neben dem jungen Mann auf die Knie. Gehts dir gut? Was wollte sie? Wer war der Junge?

Wahn starrte immer noch an den Fleck, wo Laree und der Junge zuvor gestanden hatten. Er konnte all das noch nicht richtig fassen und schüttelte deshalb schließlich nur den Kopf. Lass uns bitte einfach wieder zurückgehen, meinte er hustend.

Sailin sah Wahn an, dann nickte sie schließlich. Langsam half sie ihm auf die Beine. Gemeinsam liefen beide zurück in die Feste. Als sie das große Gebäude erreichten, stand gerade Sulona an der Tür. Die junge Frau schaute die beiden fragend an. Später. Ich muss erst Wahn versorgen, sagte Sailin. Die Hüterin war noch immer klatschnass. Ihre Sachen tropften alles voll. Als sie das Zimmer von Wahn betraten, setzte sich der junge Mann auf das Bett. Sailin schaute sie sofort die Wunde am Hals an. Als sie fertig war, atmete sie erleichtert aus. Ist zum Glück nichts aufgegangen. Sailin schaute Wahn an. Was war das Wahn?, fragte die junge Frau besorgt, die nassen Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht. Sie hoffte, dass er diesmal antworten würde. Ich weiß, dass sie dich als Wächter haben will. Hat sie dich bedroht? Wenn es wegen mir ist, du weißt, ich kann auf mich achten. Oder hat es etwas mit Lara zu tun, weil der Junge sie erwähnte?

Wahn zuckte mit den Schultern. Sie hat mich einfach nur versucht unter Druck zu setzen. Mir gedroht, die zu verletzen, die ich liebe. Mach dir bitte nicht so einen Kopf. Es ist nichts passiert. Sie hat es sich wohl doch einfach unüberlegt und von einem Angriff abgesehen. Ich werde aus ihr ohnehin nicht schlau.

Womit Wahn?, fragte Sailin nach. So wie sie das letzte Mal drauf war, gibt sie nicht so schnell auf. Sie kommt doch nicht zu uns und geht dann wieder. Schau mich nicht so an. Ich habe da ein komisches Gefühl. Und ich will nicht das du wie schonmal, dann vielleicht einfach verschwindest. Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst. Sailin!, knurrte Sulona plötzlich an der Tür. Die Hüterin zuckte zusammen. Egal was da jetzt passiert ist, du bist ja noch immer in den klatschnassen Sachen. Wahn warum hast du ihr nicht schon längst gesgt das sie sich umziehen soll. Sulona kam in das Zimmer und packte die verblüffte Sailin am Arm und zerrte sie mit. Aber ich, Wahn., konnte die junge Frau nur stammeln. Du kommst jetzt mit und ziehst dich um. Sonst holst du dir noch den Tod. Es ist kalt. Die Bogenschützin schloss die Tür hinter sich und Sailin und zerrte die junge Frau den Gang runter.

Wahn ließ sich in sein Bett fallen und sah einfach nur starr zur Decke. Viele Gedanken schossen ihn durch den Kopf.
War dies wirklich Laras Sohn. Sein Kind. Würde Laree ihre Drohung wahr machen? Er erinnerte sich nicht daran, dass Lara jemals schwanger war. Hatte sie es so gut verborgen, dass es ihm nie aufgefallen war? Was sollte er denn nun tun?
Der junge Mann war ratlos. Hatte er doch nie Zeit für sein eigenes Kind gehabt und jetzt würde er es auch noch verlieren, traf er die falsche Entscheidung.

Es dauerte eine Weile, dann war Sailin frisch gebadet und hatte trockene Sachen an. Sulona hatte ihr eine schwarze Hose und ein weißes Oberteil mit langen Ärmeln auf das Bett gelegt. Die Ärmel weiteten sich am Unterarm etwas. Sailin seufzte auf dem großen breiten Fensterbrett sitzend und schaute aus dem Fenster. Was hatte Laree nur gewollt? Womit sie Wahn wohl gedroht hatte? Es ließ ihr einfach keine Ruhe, selbst wenn Wahn sagte, sie solle sich keinen Kopf darum machen. Die junge Frau sprang von dem Fensterbrett und lief aus dem Zimmer. Als sie Wahns Zimmer erreichte, klopfte sie kurz an die Tür und trat dann ein. Wahn. Ich weiß, du sagtest, ich solle mir keine Gedanken darum machen, aber ich tus trotzdem.

Dann komm rein, meinte dieser. Er lag auf dem Bett und streichelte wieder einmal den kleinen Drachen. Dabei starrte er einfach die Decke an. Immer noch konnte er keinen klaren Gedanken fassen. Er hatte tatsächlich einen Sohn. Er konnte es spüren. Jetzt wo er den Jungen gesehen hatte, wusste er einfach, dass es die Wahrheit war.

Sailin trat ein und stellte sich zu dem Fenster. Kurz schaute sie zu Wahn, dann aber aus dem Fenster. Die Sonne begann gerade unterzugehen. Die junge Frau fühlte sich nicht wohl. Das alles erinnerte sie an eine Situation, bevor Wahn und sie gestorben waren. Damals hatte Margaroth sie mit einem Fluch belegt, um ihren Hüter von ihr wegzubekommen. Auch damals war Wahn plötzlich schweigsam gewesen. Dann war er einfach verschwunden. Sailin hatte Angst, dass sich dies wiederholen könnte. Schließlich wollte Laree Wahn, von Anfang an, wieder als Wächter haben. Nur deswegen hatten sie ihn überhaupt erst zurückgeholt. Sailin wendete ihren Blick von dem Sonnenuntergang ab und schaute wieder zu Wahn. Er starrte noch immer an die Decke. Etwas schien ihn wirklich zu beschäftigen. Sailin fasste sich ein Herz und setzte sich zu dem jungen Mann auf das Bett. Ich weiß, dass dich etwas beschäftigt. Willst du mir nicht sagen, was es ist? Vielleicht kann ich ja helfen.

Wahn sah zu ihr und setzte sich im Bett auf, so dass Faix beinahe herunter gepurzelt wäre. Der kleine Drache revanchierte sich sogleich, indem er in Wahns rechte Hand biss, was ein metallenes Geräusch gab. Dann schien er etwas verdutzt zu sein.
Ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll Sailin. Vor allem nicht, was passiert, wenn ich etwas Falsches sage. Aber keine Angst, es ist kein Fluch oder so und hat auch nichts mit dir zu tun.

Sailin schaute kurz zu Faix und dann wieder Wahn an. Wenn es nichts damit zu tun hat, dann sicherlich mit dir und dem Jungen. Er scheint ja Lara zu kennen. Zumindest klang es so. Obwohl ich mir das nicht so recht vorstellen kann. Das mit Lara ist nun schon ziemlich lange her und der Junge sah nicht gerade sehr alt aus. Die junge Frau versuchte zu lächeln. Wenn du nicht weißt, wie du es sagen sollst, dann sag es doch einfach gerade heraus, so wie es in deinen Kopf kommt.

Wahn richtete sich auf. Ich brauche mal etwas Zeit für mich, meinte er. Bitte nimm mir das nicht übel. Er zog seine Stiefel an und ein einfaches schwarzes Shirt. Eine passende Hose dafür hatte er schon. Die Klamotten, die Nocturn ihm herausgesucht hatten, lagen immer noch auf dem Stuhl. Wahn lief aus dem Haus und verschwand aus Sailins Blickfeld.

Sailin schaute noch eine kurze Weile auf die Tür. Dann stand sie auf und lief einfach aus dem Zimmer. Bitte, murrte sie nur kurz auf dem Gang und lief zurück in ihr Zimmer. Sailin wusste nicht, was da grade über sie kam. Er tat es schon wieder. Zog sich zurück und fraß mal wieder alles in sich hinein. Anstatt er mal darüber zu sprechen. Die Hüterin ließ sich sauer auf das Bett fallen.

Die drei Tage waren nun fast vorüber. Wahn näherte sich der Lichtung. Er hatte niemanden etwas darüber erzählt, nicht einmal Sailin wo es ihm doch sehr schwerfiel. Nun galt es also Laree seine Antwort zu überbringen. Die Rothaarige schien bereits auf ihn zu warten. Der Junge stand etwas abseits. Hier bin ich Laree, sprach Wahn zu ihr. Willkommen zurück, meinte diese und lächelte. Wie ich sehe, hast du es dir überlegt. Was darf es denn sein? Wahn senkte den Kopf. Lass ihn frei. Du hast gewonnen.