Nero stand plötzlich hinter ihnen. Ich würde auch gerne mitkommen. Auch ich will endlich etwas unternehmen und nicht mehr zusehen, wie alles den Bach runtergeht. Als Wahn ihn ansah, schüttelte er den Kopf. Ich weiß schon, was ich tue.

Sailin sah zu Nero und lächelte. Auch Kyle schaute zu dem Jungen. Nach einer Weile nickte er. Wir sollten uns gleich auf den Weg machen. Der Mann drehte sich um und ging zu Bowen. Kurz unterhielt er sich mit diesem. Sailin legte den Kopf schief. Was sollte das nur werden?
Nachdem die Pferde gesattelt worden waren, machten sich Wahn, Sailin und Kyle in Begleitung von Nero, Sulona, Bowen und Raven auf den Weg nach Lasden. Nach einem Zweitagesritt erreichten sie die Stadt, welche im Nordwesten der Feste lag. Noch vor der Stadt hielt Kyle sein Pferd an. Als es ihm die anderen nachtaten, sprang der Mann von dem Tier und schaute in Richtung der Stadt. Nach kurzer Zeit drehte er sich zu den anderen. Diese waren in der Zwischenzeit auch abgestiegen. Sulona, sagte der Magier. Sobald wir den Platz erreichen, wo sie sicherlich die Bewohner festhalten, gehst du auf das Dach eines der Häuser. Von dort behälst du Wahn im Auge und vielleicht auch uns. Raven wird dich begleiten und darauf achten, dass du nicht von hinten angegriffen wirst. Sulona nickte und schaute fragend zu Raven. Dieser zuckte nur mit den Schultern. Kyle wandte sich zu Wahn und dem Rest. Bowen du weißt, was du zu tun hast. Der Krieger nickte und lief sofort los. Was?, fragte Sailin verwirrt. Keine Sorge. Es ist besser, ihr wisst jetzt noch nichts davon. meinte Kyle und sah zu Wahn. Bereit, der Hexe gegenüberzutreten? Wir restlichen werden dich begleiten. Sie wird sicher nicht damit rechnen, dass du völlig alleine kommst.

Wahn nickte und zog sich die Kapuze noch etwas tiefer ins Gesicht. Dann lief er los. Die kleine Gruppe näherte sich den Toren der Stadt. Die Wachen dort ließen sie passieren, nachdem Kyle ihnen klargemacht hatte, dass Wahn sich stellen würde.
Bald schon erreichten sie einen großen Platz im Zentrum der Stadt. Die Bewohner dieser waren bei ein paar Häusern zusammen getrieben worden und wurden von Männern der Inquisition bewacht. Avestia lies ihren Unmut an einem einfachen Mann aus. Sie schlug ihm einfach ins Gesicht. Wahn trat vor. Hör auf damit deinen Frust an unbewaffneten auszulassen. Hier bin ich, rief er laut auf. Der schwarze Kapuzenumhang, den er trug, flatterte im Wind.

Sulona war in der Zwischenzeit auf das Dach eines der Häuser gerannt und hockte sich dorthin. Ihren Bogen hielt sie fest in der Hand. Einen Pfeil hatte die Halbelfe schon eingelegt. Raven kam zu ihr und kniete sich auf ein Bein. Ich hoffe, Kyle weiß, was er tut, meinte die Frau und schaute kurz zu Raven. Dieser nickte kurz. Keine Sorge.

Avestia ließ von dem Mann ab und stieß ihn weg, so dass er auf seinem Hintern landete. Die Hüterin drehte sich in Wahns Richtung. Ah, wie ich sehe, bist du meiner Aufforderung nachgekommen. Kurz sah die Frau zu der jungen Hüterin und den beiden Männern, welche bei Wahn standen. Ich wusste nicht, das du Begleitschutz brauchst. Oder wollten sie nur deinem Ende so sehr zuschauen? Die verdorbene Hüterin lachte auf.

Wahn schüttelte den Kopf. Ich glaube kaum, dass das mein Ende sein wird. Da braucht es schon mehr als eine rachsüchtige verdorbene Hüterin. Außerdem bist du auch nicht gerade alleine. Er sah sich kurz um. Avestia hatte eine Menge Wachen mitgebracht. Auch ein paar Hüterinnen und Wächter waren vor Ort. Nicht wirklich, beendete Wahn.

Ich gehe diesmal einfach auf Nummer sicher. Du wirst dafür büßen, was du getan hast. Vor allem hast du mich bloßgestellt. Und diese Narbe, welche ich deinem Dolch zu verdanken habe, wird bleiben, fauchte Avestia.
Sailin schaute sich kurz um. In den Augen der Stadtbewohner lag die pure Angst. Viele waren auf Wahn gerichtet. Sailin wusste schon, was sie dachten. Dies sollte der Mann sein, durch welchen sie so litten? Die junge Hüterin hoffte nur, dass alles gut lief. Anscheinend hofften dies auch die Menschen.
Avestia machte eine ausschweifende Armbewegung. Sailin merkte, dass die Wachen der Inquisition immer mehr an sie heranrückten. Die junge Frau macht unbewusst einige Schritte zu Nero, welcher näher an ihr dran stand als die anderen beiden. Du bist wirklich naiv, Junge, sagte Avestia und funkelte Wahn finster an. Hast du wirklich geglaubt, dass ich die Bewohner leben lasse, nur weil du kommst? Nun wirst du nicht nur ihren Tod verschulden, sondern auch den deiner Begleiter. Einige der gefangenen Frauen schrien auf bei den Worten der Frau.

Brauchst du wirklich Handlanger, die deine Befehle ausführen und für dich die Rache vollziehen. Ich frage mich, wer hier der Naive ist. Du beschwerst dich über Narben. Knurrte Wahn. Vielleicht sollten wir einmal tauschen. Er musste unweigerlich grinsen. Die große Avestia. Versteckt sich hinter ihrer privaten Armee. Bist du nicht mächtig genug, dich mir selbst zu stellen? Musst du andere dafür leiden lassen, weil du sonst nicht an mich herankommst? Wer ist hier nun erbärmlich. Du oder ich?

In Avestias Augen funkelte die Wut. Mit dir werde ich schon alleine fertig. Mach dir da mal keine Gedanken. Wenn du keuchend im Staub vor mir liegst, brauchst du auf deine toten Freunde nicht hoffen, denn um die wurde sich dann schon gekümmert. Heute wird niemand dazwischen funken, wenn ich dir dein Licht ausblasse, keifte Avestia. Kurz schaute sie zu Sailin und Nero. Die beiden werden dann miterleben dürfen, wie ich dich Stück für Stück auseinander nehme. Ich werde dich gerade so lange leben lassen, dass du ihren grausamen Tod noch miterlebst.

Wahn schlug den Umhang weiter nach hinten, so dass man seinen Gürtel sehen konnte. Sieh her. Ich komme unbewaffnet. Ohne einen Dolch wie letztens, der dir fast das Leben genommen hatte. Er legte kurz den Kopf schief. Du willst mich auseinander nehmen. Warum tust du es dann nicht endlich? Du schwingst große Reden. Ich frage mich, wo bleiben die Taten nach diesen großen Worten. Wirst du jetzt, da ich offen zu dir spreche, andere dafür leiden lassen, nur weil du es nicht schaffst mich zu beseitigen. Als was willst du denn in die Geschichte eingehen? Avestia die unbesiegbare oder Avestia die eine ganze Stadt auslöschte, nur um an einen Mann zu kommen. Das letzte trotzt vor Schande oder findest du nicht?

Plötzlich flog an Wahns Kopf eine dunkle Energiekugel vorbei und schlug in den Boden vor Neros Füßen ein. Avestia machte einen Schritt nach vorne. Wahn, murmelte Sailin bloß. Was tat er da nur? Wer wusste schon, was die Frau alles anrichten würde, wenn er sie weiter so reizte.
Wie kannst du es wagen, schrie die Hüterin Wahn an. Man konnte richtig sehen, wie ihre Adern hervortraten, so wütnd war Avestia gerade. Plötzlich strich sie sich aber durch das Haar und funkelte Wahn an. Ich sehe schon. Du willst meine ganze Aufmerksamkeit. Die kannst du gerne haben. Die Frau schaute zu den Wachen, welche die Stadtbewohner in Schach hielten. Bereitet ihnen ein qualvolles Ende, fauchte die Frau. Sofort schaute sie wieder zu Wahn. Denke nicht einmal daran, etwas zu versuchen. Sonst wird es deinen Freunden nicht besser ergehen. Einige der Waffen hinter Sailin und Nero richteten sich auf.

Hast du den kein Funken ehre im Leib? rief Wahn auf. Verlass dich darauf, ich habe es und ich schwöre hier und jetzt, wenn du das tust, reiße ich dich in Stücke, und zwar so dass du lernst, was wahrer Schmerz ist. Seine Augen flammten rot auf.

Avestia schaute Wahn nur an und grinste. Ich denke, ich werde es trotzdem tun, meinte sie und schaute nochmal zu den Wachen. Na los. Setzt ihnen ein Ende. Die Wachen schaute die Hüterin an. Dann nach einer Weile senkten sie einfach ihre Waffen. Die Hüterin drehte sich in ihre Richtung und starrte sie an. Was soll das werden? Ihr macht jetzt, was ich sage, sonst wird euch das gleiche Schicksal blühen wie dem Bengel hier, fauchte Avestia. Das werden wir nicht tun, sagte nun ein Mann zwischen den Wachen. Die Augen der Hüterin weiteten sich, als dieser vortrat. Du?, fragte sie verblüfft, als sie den ehemaligen Soldaten von Alvengarde erkannte. Wie kannst du es wagen? Indem ich es wage, meinte Bowen trocken.
Sailin merkte, dass einige der Wachen hinter ihr und Nero jetzt auch ihre Waffen etwas senkten. Was zum?, fragte die junge Hüterin verblüfft. Wir werden nicht mehr für eure Gräueltaten zur Verfügung stehen, sagte eine Wache der Inquisition. Was ihr tut, ist Unrecht und wir werden da nicht mehr mitmachen.
Sulona richtete sich etwas auf dem Dach auf, hielt aber ihren Bogen fest in der Hand. Das hatte er also vor, grinste Raven.

Wahn sah sich verwirrt um. Plötzlich stellten sich die eigenen Leute gegen Avestia. War dies der Plan. Hatte Kyle das gemeint? Nun sah er wieder zu Avestia. Ich schätze, damit steht das Blatt nun anders. Was wirst du jetzt tun?

Die Frau funkelte Wahn finster an. Ich werde dir die Eingeweide einzeln herausreißen, fauchte sie und ließ ihren Stab erscheinen. Greift die Verräter an!, knurrte sie zu den Männern, welche nicht übergelaufen waren. Dann griff die Hüterin Wahn mit einem dunklen Zauber an.
Als sich Avestia auf Wahn stürzte, begannen auch die anderen Hüterinnen und Wächter sich zu regen. Sulona stand auf und feuerte ihren Bogen ab. Während viele Pfeile von einem magischen Schild abgefangen wurden, trafen manche ihr Zielt genau. Die getroffenen Wachen sackten tot zu Boden. Raven blieb bei Sulona und achtete darauf, dass keiner sie angreifen würde. Wenn jemand sie hier oben überraschte, wäre das fatal.
Bowen und die übergelaufenen Wachen stürzten sich mit ihren erhobenen Waffen auf die Feinde. Kyle schaute kurz zu Sailin und Nero. In den Händen der jungen Hüterin funkelte ein bläuliches Licht auf. Nero hatte einen Dolch in der Hand. Hey ihr beiden, rief Kyle ihnen zu. Kümmert euch um die Bewohner. Schafft sie von dem Platz. Die Frauen schaute mit angsterfüllten Augen den Kämpfenden zu und man hörte sie öfters schreien. Die Männer hatten sich schützend vor sie gestellt. Sailin schaute zu Nero und nickte ihm zu. Komm.

Zwei Wächter stürmten auf Wahn zu und auch Avestia warf hin und wieder ihre Magie nach dem jungen Mann. Ihm blieb nicht wirklich eine Wahl. Der Magie wich er einfach aus, während er sich unter den ersten Hieb hindurch duckte und dann zur Seite rollte. Seine Krallen traten hervor und die Zähen waren auch bereits zu sehen. Nach und nach nahm er seine dämonische Gestalt an. Die zwei Paar Flügel glitten aus seinen Rücken und schlugen mit ganzer Wucht zwei Angreifer von
sich. Die letzten Veränderungen des Körpers wurden verzogen und das Verband an seinem Gesicht zerrte und riss an manchen Stellen ein. Die Enden hingen unter der eisernen Maske hervor. Anima stieß ein Gebrüll aus und stürzte sich auf die Gegner. In diesem Land war er fast fremd, mit Ausnahme der Legion. Sein Gesicht war ohnehin nicht zur erkennen gewesen. Er musste also nicht darum fürchten, wieder erkannt zu werden. Nero blieb plötzlich stehen, als er den Dämon von weiten sah. Was zum, brachte er hervor.